Sonntag, 13. Mai 2007
Gardel mit Taubenschiss
bloggos aires, 19:49h
Irgendwie kommt hier doch immer alles ganz anders.
Erst meldete sich der Interviewpartner nicht, dann fiel der Latinorock aus, statt dessen gab's ein Murga-Fest (Mischung aus volkstümlicher Musik und Kabarett mit Gesichter anmalen und über die Regierung herziehen.) Da wäre ich hingegangen, aber dann kam eine Erkältung, plötzlich und heftig. Was vielleicht an den Deutschen lag.
Aber der Reihe nach: Zu Besuch in Belgrano beim Club Berlin. Der bestand aus etwa zehn mehr oder weniger alten Herrschaften, die sich bei Kaffee und Kuchen in einem Restaurant auf der Plaza Belgrano versammelten. Herr und Frau Wasserreich, um die achtzig und gebürtige Westberliner, erkundigten sich in schwer akzentuiertem Deutsch, ob es das Berlinische Tageblatt noch gebe. Der Clubchef,gebürtiger Argentinier, Herzensberliner und Anwalt, erzählte, wie er für argentische Klienten Immobilien in Mitte und Brandenburg "rücküberführt" hat. Sein 17jähriger Sohn, der aussah wie eine 14jährige Ausgabe von Maradona, berichtete in fehlerfreiem Deutsch von seiner Deutschland-Rundreise, wo er zwar Nürnberg, Augsburg, Herzogenaurach, Hamburg und Frankfurt kennengelernt habe, leider aber nicht Berlin. Ich stand kurz vor meiner Aufnahme als Ehrenmitglied, als der Vizechef zum Aufbruch mahnte: Ins Kino, zu "la vida de los otros". Nächsten Samstag aber wird in einer deutschen (!) Gartenstadt im Vorort zu Mittag gegessen. Das Lokal heißt Graf Zeppelin. Geil.
Vor lauter Euphorie und weil es mal wieder doch ziemlich weit und viel war: Hals! Nase! Aua!
Nix mit Ausgehen. Gar nix.
Heute dann San Telmo.
Auf der Plaza Dorrego Show-Tangotänzer, die auf einem Stück Pappe tanzen. Eine verlebte Alte mit Rose in den Strumpfbändern und Hut auf dem Kopf. Ein Puppenspieler, der eine Marionette im Tangotakt saufen und torkeln lässt. Jede Menge Typen, die behaupten, entweder genau wie Carlos Gardel zu singen, bei ihm gelernt zu haben, oder wenigstens eine seiner Krawatten zu besitzen. Und natürlich der Antiquitätenmarkt.
Die "Defensa" entwickelt sich nach einigen Metern zu einem Kunsthandwerks-Strich. Aber schon wenige Ecken weiter ist Ruhe, Merkwürdigkeiten wie eine dänische Backsteinkirche, die "Bar Británico", deren Schild zur Zeit des Falkland-Kriegs überklebt wurde, so dass nur noch "Bar Tánico" zu lesen war. Dort zu Maggies Ehren eine hauchdünne, riesige Milanesa (Schnnitzel) gegessen. (Na gut: gegenüber). Und im Amphitheater des Lezama-Parks einem Tango-Orchester gelauscht.
Da stehe ich dann satt, zufrieden und den Kopf voller Melodien an der Straßenecke und warte auf den Bus. Plötzlich von oben etwas Nasses, begleitet von einem furzähnlichen Geräusch. Ein paar Leute bleiben stehen und glotzen, ein paar lachen, eine Dame nimmt mich zur Seite: "Senora, Ihnen hat ein Vogel auf den Kopf gekackt. Und, wenn ich das sagen darf, Ihre ganze Hinterseite ist bekleckert. Bis unten."
Noch ganz verwirrt, versuche ich durch Halsverrenkungen und Tasten das Ausmaß des Schadens festzustellen, da rubbelt die Dame auch schon mit einem angefeuchteten Taschentuch an mir rum und kommandiert: "Hier rüber kommen, Jacke ausziehen! Still halten! Jetzt Wasser drüber!" Zwei Herren bleiben stehen, ziehen ihrerseits Taschentücher hervor und rätseln über die Art des Vogels und seine Ernährung. Das Vieh müssse nicht nur einen vollen Magen sondern auch enormen Durchfall gehabt haben, stellen sie fest. Jetzt rieche ich es auch. Wie eine Mischung aus sauergewordener Hotdog-Mayonnaise und vergammeltem Müll.
Die energische Frau lässt urplötzlich von mir ab und geht weg, einer der Männer fummelt in meiner Tasche nach Taschentüchern und ist im Begriff, mein "Engelshaar" mit einer Flasche Wasser zu übergießen. Da reiße ich Tasche und Jacke an mich, murmele was von Waschmaschine und springe in ein Taxi.
Seltener habe ich mich als Fahrgast unwillkommener gefühlt, als bei dieser langen Rückfahrt...
Erst meldete sich der Interviewpartner nicht, dann fiel der Latinorock aus, statt dessen gab's ein Murga-Fest (Mischung aus volkstümlicher Musik und Kabarett mit Gesichter anmalen und über die Regierung herziehen.) Da wäre ich hingegangen, aber dann kam eine Erkältung, plötzlich und heftig. Was vielleicht an den Deutschen lag.
Aber der Reihe nach: Zu Besuch in Belgrano beim Club Berlin. Der bestand aus etwa zehn mehr oder weniger alten Herrschaften, die sich bei Kaffee und Kuchen in einem Restaurant auf der Plaza Belgrano versammelten. Herr und Frau Wasserreich, um die achtzig und gebürtige Westberliner, erkundigten sich in schwer akzentuiertem Deutsch, ob es das Berlinische Tageblatt noch gebe. Der Clubchef,gebürtiger Argentinier, Herzensberliner und Anwalt, erzählte, wie er für argentische Klienten Immobilien in Mitte und Brandenburg "rücküberführt" hat. Sein 17jähriger Sohn, der aussah wie eine 14jährige Ausgabe von Maradona, berichtete in fehlerfreiem Deutsch von seiner Deutschland-Rundreise, wo er zwar Nürnberg, Augsburg, Herzogenaurach, Hamburg und Frankfurt kennengelernt habe, leider aber nicht Berlin. Ich stand kurz vor meiner Aufnahme als Ehrenmitglied, als der Vizechef zum Aufbruch mahnte: Ins Kino, zu "la vida de los otros". Nächsten Samstag aber wird in einer deutschen (!) Gartenstadt im Vorort zu Mittag gegessen. Das Lokal heißt Graf Zeppelin. Geil.
Vor lauter Euphorie und weil es mal wieder doch ziemlich weit und viel war: Hals! Nase! Aua!
Nix mit Ausgehen. Gar nix.
Heute dann San Telmo.
Auf der Plaza Dorrego Show-Tangotänzer, die auf einem Stück Pappe tanzen. Eine verlebte Alte mit Rose in den Strumpfbändern und Hut auf dem Kopf. Ein Puppenspieler, der eine Marionette im Tangotakt saufen und torkeln lässt. Jede Menge Typen, die behaupten, entweder genau wie Carlos Gardel zu singen, bei ihm gelernt zu haben, oder wenigstens eine seiner Krawatten zu besitzen. Und natürlich der Antiquitätenmarkt.
Die "Defensa" entwickelt sich nach einigen Metern zu einem Kunsthandwerks-Strich. Aber schon wenige Ecken weiter ist Ruhe, Merkwürdigkeiten wie eine dänische Backsteinkirche, die "Bar Británico", deren Schild zur Zeit des Falkland-Kriegs überklebt wurde, so dass nur noch "Bar Tánico" zu lesen war. Dort zu Maggies Ehren eine hauchdünne, riesige Milanesa (Schnnitzel) gegessen. (Na gut: gegenüber). Und im Amphitheater des Lezama-Parks einem Tango-Orchester gelauscht.
Da stehe ich dann satt, zufrieden und den Kopf voller Melodien an der Straßenecke und warte auf den Bus. Plötzlich von oben etwas Nasses, begleitet von einem furzähnlichen Geräusch. Ein paar Leute bleiben stehen und glotzen, ein paar lachen, eine Dame nimmt mich zur Seite: "Senora, Ihnen hat ein Vogel auf den Kopf gekackt. Und, wenn ich das sagen darf, Ihre ganze Hinterseite ist bekleckert. Bis unten."
Noch ganz verwirrt, versuche ich durch Halsverrenkungen und Tasten das Ausmaß des Schadens festzustellen, da rubbelt die Dame auch schon mit einem angefeuchteten Taschentuch an mir rum und kommandiert: "Hier rüber kommen, Jacke ausziehen! Still halten! Jetzt Wasser drüber!" Zwei Herren bleiben stehen, ziehen ihrerseits Taschentücher hervor und rätseln über die Art des Vogels und seine Ernährung. Das Vieh müssse nicht nur einen vollen Magen sondern auch enormen Durchfall gehabt haben, stellen sie fest. Jetzt rieche ich es auch. Wie eine Mischung aus sauergewordener Hotdog-Mayonnaise und vergammeltem Müll.
Die energische Frau lässt urplötzlich von mir ab und geht weg, einer der Männer fummelt in meiner Tasche nach Taschentüchern und ist im Begriff, mein "Engelshaar" mit einer Flasche Wasser zu übergießen. Da reiße ich Tasche und Jacke an mich, murmele was von Waschmaschine und springe in ein Taxi.
Seltener habe ich mich als Fahrgast unwillkommener gefühlt, als bei dieser langen Rückfahrt...
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el_asistente,
Montag, 14. Mai 2007, 14:21
Ähem ...
Liebe Nina, was du beschreibst ist doch die klassische Trickdiebnummer. Bist du sicher, dass du Taubenscheiße auf dem Rücken hattest? Und hast du schon mal nachgesehen, ob in deinen Taschen nichts fehlt? Meine ja nur.
Claudius
Claudius
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katunia,
Montag, 14. Mai 2007, 14:27
ja den gleichen kommentar wollte ich auch da lassen...
und sonst: ich les hier gerne, auch wenn dein bog noch so neu ist. da kommen mir sogar erinnerungen an sachen, die mir gar nicht passiert sind... grüße
und sonst: ich les hier gerne, auch wenn dein bog noch so neu ist. da kommen mir sogar erinnerungen an sachen, die mir gar nicht passiert sind... grüße
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bloggos aires,
Montag, 14. Mai 2007, 19:25
An Trickdiebe
hab ich natürlich auch sofort gedacht. Und deswegen dem Herrn fast den Finger im Reissverschluss eingeklemmt, als ich meine Digicam vor seinen Fingerchen schützen wollte. Das Geld trage ich selbstverständlich lose und ohne sämtliche Karten in der Hosentasche, wenn ich unterwegs bin. Bin ja nicht von gestern, Herrschaften. Aber mal ehrlich: es wäre schon ein extrem ausgefeiltes System des Touristenbetrugs, von oben eine Masse vogelkackeähnliches Zeugs auf eine Touristin zu applizieren, um ihr nachher beim Abwischen alles zu klauen. Mal abgesehen davon, dass mir nichts fehlte: Alles war vollgeschissen: Haare, Jacke, Schal, Jeans. Aber ein normaler Vogel war das auch nicht. Tja, das Rätsel von San Telmo. Aber soll ja Glück bringen.
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el_asistente,
Montag, 14. Mai 2007, 20:22
Na ja, extrem ausgefeilt ... da reicht doch eine mit irgendeinem Glibber gefüllte Plaste-Ketchupflasche völlig aus. Aber vielleicht war es ja tatsächlich ein salmonellenkranker Truthahn im Tiefflug. Buen provecho und gute Nacht.
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